Austausch über mögliche wissenschaftliche Begleitung der Innovationen und Reformen in der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens

Beim Besuch der theologischen Kirchenleitung der sächsischen Landeskirche haben wir uns einen Vormittag lang Zeit genommen und Felder möglicher wissenschaftlicher Begleitung in den Blick genommen. Ein Bereich möglicher Forschung sind die ›Missionarischen Pfarrstellen‹ (sog. M 25-Stellen), welche ab 2025 landeskirchenweit eingeführt werden und über 10 % der beschäftigten Pfarrpersonen umfassen. 

Zudem haben wir die Entstehung, das Anliegen und die Arbeit des CES vorgestellt und einen Blick auf das bisherige Engagement der MKG in Sachsen geworfen.

Wir freuen uns über das Interesse der Sächsischen Landeskirche an der Arbeit des CES und sind gespannt, wie sich die Forschung des CES in Sachsen zukünftig entwickeln wird. Zu Besuch waren Landesbischof Tobias Bilz sowie die theologischen Leitungspersonen der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens: OLKR Dr. Thilo Daniel, OLKRin Margrit Klatte, OLKR Burkart Pilz und Pfr. Holger Treutmann.

Evaluation kirchlicher Praxis und Transdisziplinarität? – Eindrücke von der Jahrestagung der DeGEval

Erstmalig in diesem Jahr stellten verschiedene Akteure der Evaluation kirchlicher Praxis ihre Zugänge in einer gemeinsamen Session auf der DeGEval-Jahrestagung vor und stießen damit auf reges Interesse. Die einzelnen Beiträge ließen in ihrer Unterschiedlichkeit die Komplexität des Anwendungsfeldes erkennen und ergänzten sich dabei: Das Zentrum für Angewandte Pastoralforschung (ZAP) präsentierte Wirkfaktoren für Kirchenbindung, der Beitrag des Sozialwissenschaftlichen Instituts (SI) der EKD näherte sich der Kirche als paradoxer Organisation, das Institut zur Erforschung von Mission und Kirche (IMK) gab Einblicke in die Messung von Congregational Flourishing und die Forschungsstelle für Missionale Kirchen- und Gemeindeentwicklung (MKG) hob das Potential eines programmtheorieorientierten Vorgehens für die Evaluation landeskirchlicher Innovationsprogramme hervor. Rund um die Session kamen auch Austausch und Vernetzung untereinander nicht zu kurz.

Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Evaluation – das bedeutet: Ca. 300 Evaluator:innen aus Deutschland, der Schweiz und Österreich, eine Fülle methodischer, theoretischer und operativer Impulse und viel Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch in einer offenen Community. Auch in diesem Jahr war die Bandbreite von Ansätzen und Anwendungsfeldern der Tagungsbeiträge enorm: Sie reichte von der Vorstellung haarkleiner Interview-Analysen mittels dokumentarischer Methode bis hin zu hoch komplexen Wirkmodellen von Entwicklungshilfe- oder Umweltschutzprogrammen.

Thematisch stand die Jahrestagung in diesem Jahr unter dem Titel „Transdisziplinarität: Impulse für und durch Evaluation!?“. Auch wenn die klare Ein- und Abgrenzung transdisziplinärer Forschung im Tagungsverlauf immer wieder Anlass zur Diskussion gab, stellten sich doch einige Kernelemente als zentral heraus: Transdisziplinäre Forschung reagiert auf komplexe, gesellschaftliche Probleme und integriert dazu Wissen nicht nur aus verschiedenen fachlichen Disziplinen sondern auch aus Wissenschaft und Praxis. Dabei ist ihr auch ein gestalterisches, transformatives Interesse eigen. Als solche ist sie also unmittelbar anschlussfähig für das kirchenentwicklerische Anliegen der MKG und die kollaborativen und partizipativen Forschungsansätze, mit denen sich die verschiedenen Forschungsstellen unter dem Dach des CES auseinandersetzen. Um diese Einsicht bereichert und mit dem Kopf voller neuer Ideen und Eindrücke ging es zurück nach Halle.

Studienreise nach England

Bericht von stud. theol. Esther Herrmann

Wie gelingt es der Church of England, kirchenferne Menschen zu erreichen Welche Konzepte gibt es dafür? Und wie können verschiedene Frömmigkeitsformen und Gottesdienststile in der anglikanischen Kirche vereint werden? Diesen und vielen weiteren Fragen gingen wir, Theologiestudierende und kirchliche Mitarbeitende aus Haupt- und Ehrenamt, auf der Exkursion vom 31.08. bis 09.09.2024 in London nach. 

Die Woche war gefüllt mit einem vielfältigen Programm. Es gab die Möglichkeit, mit John McGinley vom Gregory Center for Church Multiplication oder Alison Milbank, eine Vertreterin der Initiative Save the Parish, über Themen wie Gemeindeentwicklung, Empowerment oder die Bedeutung parochialer Strukturen ins Gespräch zu kommen. Außerdem besuchten wir in London konkrete Projekte, wie Messy Church (Kirche Kunterbunt), die Menschen aller Altersgruppen ansprechen möchte, oder Renerate RISE (Reaching the Isolated Elderly), wo besonders ältere und einsame Menschen im Fokus stehen. Auf einem Tagesauflug nach Oxford beschrieb uns Jo Allen ihre Arbeit in ländlichen Regionen und in Leicester lernten wir durch die Vorstellung verschiedenster Gemeinden ein interkulturell geprägtes kirchliches Leben kennen. 

Zudem war Zeit für gemeinsame Gottesdienstbesuche, Sightseeing und die Eindrücke bei einem Bier oder Cider im Pub zu reflektieren und über eine mögliche Anwendung in unseren eigenen Kontexten zu diskutieren. Bei allen Menschen, die wir trafen, beeindruckte mich ihre Begeisterung für das Evangelium und ihr ehrenamtliches Engagement für ihr Projekt. Ich fand es super spannend, zu sehen, wie Kirche an anderen Orten außerhalb der Kirchgebäude entstehen kann und wie unterschiedliche Gemeinschaften in einer Kirche nebeneinander bestehen können.

Ausschreibung: Stelle als wissenschaftliche*r Mitarbeiter*in (3 Jahre, 50%) an der KÖW

Stellenausschreibung KÖW

Die Forschungsstelle KÖW (Kirchen- und Gemeindetheorie – Ökumene und Wissenstransfer im weltweiten lutherischen Kontext) freut sich auf Bewerbungen!

Die Stelle ist für eine Promotion oder ein anderes Forschungsprojekt geeignet. Wir wollen unser Team um einen der folgenden Forschungsschwerpunkte verstärken:

  • Interkulturelle Gemeinden: Herausforderungen und Gelingensfaktoren
  • Diskriminierungspraktiken und ihre Bewältigung in Kirche und Gemeinden
  • Praktiken und Wirkungen des Wissenstransfers zwischen akademischer Theologie und kirchlicher Praxis

Die Bewerbungsfrist läuft bis 3. November.

Zur Ausschreibung:

https://www.verwaltung.uni-halle.de/dezern3/Ausschr/24_3_10009_24_D.pdf

Englisch: https://www.verwaltung.uni-halle.de/dezern3/Ausschr/24_3_10009_24_D_engl.pdf

Gemeindeentwicklung, LGBTQ-Personen und partizipative Forschung: Eindrücke von der Jahrestagung des Netzwerks „Ecclesiology & Ethnography“

Von Hanna Kauhaus

Im September fand die Jahrestagung des internationalen Netzwerks „Ecclesiology & Ethnography“ an der Universität Durham (UK) statt. Hier geht es um den Austausch zu Forschungsprojekten und -methoden, die sich empirisch auf kirchliche und theologische Themen beziehen. Bei der Tagung treffen sich ca. 100 Forscher*innen aus vielen Ländern und Konfessionen. 

Die Themen und Perspektiven sind entsprechend vielfältig. Einige Beobachtungen zu diesjährigen Schwerpunkten:

  • Gemeindeentwicklung und theologische Ausbildung: Immer wieder beschäftigten sich Untersuchungen mit einzelnen Gemeinden, mit dem Zusammenwirken von Gemeinden und neuen kirchlichen Projekten oder mit strategischen Prozessen von Gemeindeentwicklung. Empirische Einsichten und die wissenschaftliche Begleitung von Praxisprojekten sollen dazu beitragen, dass Kirchen nicht bei gut gemeinten Strategien stehenbleiben, sondern ein immer detaillierteres und ehrlicheres Bild der Wirklichkeit entsteht und die Auswirkungen von bestimmten Entwicklungen realistischer eingeschätzt werden können. Aus verschiedenen Forschungsergebnissen wurden dann auch Empfehlungen für Studium, Vikariat oder Weiterbildung von Pfarrpersonen abgeleitet.

 

  • LGBTQ-Personen und Kirche: Mehrere Vorträge stellten Forschungsergebnisse dazu vor, welche Erfahrungen queere Personen in Gemeinden machen, welche Spannungen sie zwischen unterschiedlichen Zugehörigkeiten erleben und wie Kirche-Sein von ihnen gelebt wird. Dabei ging es um Beispiele aus römisch-katholischen, neocharismatischen und altkatholischen Kontexten in England und den USA.

 

  • Partizipative Forschung und Theological Action Research: Diese Forschungskonzepte versuchen, möglichst eng mit denjenigen Menschen oder Gruppen zusammenzuarbeiten, auf die sich die Forschung ausrichtet. Diese sollen nicht als Forschungsobjekt behandelt werden, sondern sie werden mit ihren Fragen und Interessen aktiv einbezogen. Als Beispiel wurde ein Forschungsprojekt zu Erfahrungen von Pastorinnen baptistischer Gemeinden in England vorgestellt, in dem mit interessierten Pastorinnen gemeinsam erarbeitet wurde, welche Forschungsfragen sie für relevant erachten und wie diese Fragen gemeinsam bearbeitet werden könnten.

Die Tagung stellte in einem Panel dieses und andere partizipative Forschungsprojekte vor und diskutierte Chancen und Herausforderungen solcher methodischen Ansätze.